Baronin Gabriele Possanner von Ehrenthal hatte Durchhaltevermögen: Am 2. April 1897 promovierte sie als erste Frau in Österreich, und zwar im Fach Medizin. Der Weg zur Promotion war für sie jedoch alles andere als leicht. Possanner absolvierte zwei Mal die Matura (in Österreich und der Schweiz), studierte dann in der Schweiz Medizin und musste danach 21 zusätzliche Prüfungen in Wien ablegen, ehe sie hier endlich als Ärztin arbeiten durfte. Dank ihres Engagements wurden Frauen im Jahr 1900 schließlich zum Medizinstudium in Österreich zugelassen – immerhin 19 Jahre früher als ihre Kolleginnen an technischen Universitäten und Hochschulen, in die sie sich nur einschreiben durften, wenn sie dadurch keinem Mann einen Studienplatz wegnahmen.
Grundsätzlich gab es bereits am 6. Mai 1878 vom Ministerium für Kultur und Unterricht einen Erlass, dass Frauen an Universitätsvorlesungen teilnehmen durften, jedoch „nur ganz ausnahmsweise" und nur bei "besonderen, im einzelnen Falle zu würdigenden Umständen". Die Frauen waren als „Hospitantinnen“ für Vorlesungen zugelassen, d.h. sie waren keine ordentlichen oder außerordentlichen Hörerinnen. Eine so genannte „Hospitantin" brauchte die Zulassung des Dozenten, der Fakultät und des Ministeriums. Frauen mussten also ziemlich zäh sein, um an die Uni zu kommen. Und obwohl Mädchen die Matura bereits als „Externistinnen“ an einem Knabengymnasium ablegen konnten, berechtigte sie diese dennoch nicht zu einem Universitätsstudium.
Leaky Pipeline – Akademisches Frauensterben
Seither sind mehr als 100 Jahre vergangen und es hat sich viel getan in Österreichs Hochschullandschaft. Auch wenn es für Frauen hierzulande mittlerweile selbstverständlich ist zu studieren, dient der Weltfrauentag am 8. März dazu, auf nach wie vor bestehende Ungleichheiten hinzuweisen. Seit zirka drei Jahrzehnten liegt der Frauenanteil bei den Studierenden an Hochschulen bei rund 50 Prozent, jedoch bei einer sehr unausgeglichenen Fächeraufteilung. In Richtungen der Geistes- und Kulturwissenschaft finden sich mehr als 70 Prozent Frauen, in den Ingenieurswissenschaften liegt der prozentuelle Anteil von weiblichen Studierenden hingegen bei rund 30 Prozent.
Trotz des hohen Anteils an Studienabschlüssen weiblicher Absolventinnen geht nur rund ein Viertel aller Professor_innen-Stellen an Frauen. Hier positioniert sich Österreich unter dem EU-Durchschnitt. Männer und Frauen besetzen aufgrund ihres Geschlechts im Laufe ihres wissenschaftlichen Berufslebens unterschiedlich hohe Positionen – umso höher die Stufe auf der Karriereleiter, desto weniger Frauen finden sich dort. Diese Entwicklung wird als „Leaky Pipeline“ bzw. im metaphorischen Sinn auch als „akademisches Frauensterben“ bezeichnet.
Chancengleichheit und Vielfalt
An der FernFH zählen Chancengleichheit und Vielfalt zu den zentralen Werten. Aus diesem Grund wollen wir speziell für die Studiengänge „Wirtschaftsinformatik“ Bachelor und Master Frauen begeistern und den Anteil an weiblichen Studierenden erhöhen. Im Studienjahr 2019 machten letztere an der FernFH bereits 28 Prozent aus, was über dem Durchschnittsanteil von 16 Prozent der österreichischen Informatikstudiengänge liegt. Das reicht uns an der FernFH jedoch noch nicht, denn in der Informatik liegen berufliche Tätigkeitsfelder, die nicht nur hochinteressant sind, sondern zudem sehr gute Verdienstmöglichkeiten bieten. „Oft haben Frauen andere Perspektiven und Lebensrealitäten, welche zum Beispiel neue technische Lösungen beeinflussen und hervorbringen. Vor allem unsere Wirtschaftsinformatik-Studiengänge profitieren davon. Daher sprechen wir hier auch gezielt studieninteressierte Frauen an und fördern unsere Studentinnen“, sagt Ingrid Wahl, „Gender & Diversity“-Beauftragte an der FernFH.