Schlagzeile in der Zeitung Kurier, 2018: „Porr-Konsortium gräbt Tunnel für eine Milliarde.“ Die Rede war damals vom 50 kilometerlangen Bauabschnitt Pfons-Brenner des Projekts Brenner Basistunnels, bei der „wechselhafte geologische Gegebenheiten und beschränkte Platzverhältnisse besondere Herausforderungen darstellten“. Wie recht die Tageszeitung damals hatte, konnte zwei Jahre später festgestellt werden: Mehrkosten von zirka 100 Mio. Euro. Fortsetzung folgt… Dieses ist eines von vielen dramatischen Praxisbespielen, mit denen Prof. Dr. Wilfried Schneider bei seinem Online-Gastvortrag „Kostenrechnung ist nicht einfach“ die Probleme der Kostenrechnung ins Blickfeld der Zuhörer_innen rückte. Gastgeber war dabei der Bachelorstudiengang „Betriebswirtschaft & Wirtschaftspsychologie“ an der Ferdinand Porsche FernFH.
In seinem Vortrag führte er unter anderem das Planungsproblem als zentralen Knackpunkt in der Kostenrechnung näher aus. Denn auf der einen Seite stehen die geplanten Größen und auf der anderen Seite die tatsächlichen Kosten. „Man muss sich bewusst sein, dass die Zahlen in der Praxis nicht auf den Cent genau stimmen können. Geplante Kosten sind immer ungenau.“, so der Rechnungswesen-Experte. Deshalb sehe er die Kostenrechnung vor allem in der Lehre als eine enorme Herausforderung, weil diese dort nicht 1:1 simuliert werden könne.
Einen weiteren Aspekt, den Schneider besonders in den Vordergrund rückte, ist das sogenannte Bewertungsproblem: Wie bewertet man die Kosten? Im deutschsprachigen Raum wird mit dem wertmäßigen Ansatz gerechnet, der über den deutschsprachigen Raum hinaus in der laufenden Kostenrechnung überhaupt nicht existiert. International dominiert der pagatorische Ansatz. Dieses Bild zeigt sich auch in einer Studie von Prof. Dr. Wilfried Schneider deutlich: 45 Unternehmen wurden untersucht – nur drei davon rechneten so, wie die deutschsprachige Kostenrechnung-Literatur es vorgibt und wie es auf Universitäten und Fachhochschulen im deutschsprachigen Raum gelehrt und gelernt wird. Der Trend geht also in Richtung pagatorische Bewertung der Kosten, auch unter dem Einfluss internationaler Konzerne: „Cost is the amount paid.“ Deshalb rät Schneider seinen Studierenden dazu, sich in der Praxis immer zu fragen, ob und wie die pagatorischen Ansätze für die Kostenrechnung umgewertet werden.